die Geschichte
Geschichte

Wie alles begann, und was danach kam...

ein online-Roman

Das Theater Flunderboll wurde 1987 gegründet. Erste Produktion sollte das Stück "Mama hat den besten Shit" von Dario Fo werden, zur Aufführung ist es jedoch nie gekommen, geblieben ist nur das Wort Flunderboll (Seite 12, 1. Zeile; Rotbuch-Verlag, Berlin). So stand ganz am Anfang, und immerhin namensgebend, ein späterer Nobelpreisträger. Das sollte die Geschichte des Theater Flunderboll entscheidend prägen.

Die erste Aufführung fand dann im Mai 1988 statt, es gab "Die kahle Sängerin " von Eugène Ionesco. Aufgeführt wurde bereits damals im Gemeindesaal der Athanasiusgemeinde in der hannoverschen Südstadt, allerdings noch unter sehr improvisierten technischen Voraussetzungen. Die Beleuchtung wurde mit in einer Schublade montierten Dimmern, wie man sie aus jedem Wohnzimmer kennt, geregelt. Ein stechender Geruch und eine leichte Rauchentwicklung signalisierten jeweils, dass die Belastungsgrenze überschritten worden war. Als großer künstlerischer Erfolg war zu verzeichnen, dass diese Produktion immerhin zum (ganz zu unrecht) überregional kaum beachteten "1. Isernhagener Festival der Amateurtheater" eingeladen wurde.

Es folgten szenische Bearbeitungen von Wolfdietrich Schnurres "Die Basis" (1988) und Wolfgang Rompas "Meine Schwester und ich" (1990), die zerlegt in einzelne Sätze, zum Teil auch Worte in verschiedene Szenen eingebettet eine größtmöglich Entfremdung vom Ursprungstext erzielten. Dieses sollte später den "Flunderboll-Stil" ausmachen. Beide Bearbeitungen waren im Rahmen des Theatertreffs "Jugend spielt für Jugend" im Ballhof in Hannover zu sehen. Zwischenzeitlich hatte Dorothy Parkers "Die Geschlechter" (1989) beim 2. (und letzten) Isernhagener Festival der Amateurtheater Premiere.

Mit Jean-Paul Sartres "Die ehrbare Dirne" (1989) und drei Einaktern von Jean Tardieu (1990) wurde die Reihe der französischen Autoren weitergeführt. Inzwischen entstanden sogar regelrechte Bühnenbilder auf der mittlerweile mit Zugvorrichtungen versehenen Bühne des Gemeindesaals.

1992 zeigte die Komödie "Trotz aller Therapie" von Christopher Durang der Flunderboll-Bühnentechnik aufgrund diverser Szenenwechsel und stückbedingter Umbauten ihre Grenzen auf. Dies hatte die erste technische Revolution, die Anschaffung einer 2x12 Kanal progammierbaren Beleuchtungsanlage, zur Folge. Eine gewaltige Verbesserung hingegen der bis dahin im Einsatz befindlichen 4 (meist nur 3)-Kanal Dimmerschublade.

Die neue Technik hatte ihren ersten Einsatz bei der als Wiederaufnahme geplanten, allerdings im Laufe der Proben und Umbesetzungen völligen Neuinszenierung der "Kahlen Sängerin" (1993). Hierbei wurde zum ersten Mal mit einer massiven Kulisse gespielt, die aus mehr bestand als nur auf Holzleisten getackerten Tapetenbahnen.

1994 wurde das Jahr der Lesungen. Im Sommer gab es eine szenische Lesung von diversen Minidramen, zu Weihnachten wurde, halb Lesung, halb szenisch, Heinrich Bölls "Nicht nur zur Weihnachtszeit" auf die Bühne gebracht. Hierbei wurde zum ersten Mal in der Flunderbollgeschichte mit Bühnenmusik gearbeitet und die Version von "Oh Tannenbaum" in a-Moll auf der E-Gitarre erreichte bei Freunden des Theaters einen gewissen Kultstatus.

Eigentlich sollte nunmehr jedes Jahr mit einer Lesung zur Weihnachtszeit beendet werden, dieser Vorsatz scheiterte jedoch schon 1995, da trotz intensiver Suche kein Text den hohen und diversen Ansprüchen des Flunderboll-Ensembles gerecht wurde. So gab es statt dessen eine Sylvesterlesung von Hans-Christian Andersens "Spaziergang in der Sylvesternacht", die nicht, wie man bei dem Autor vermuten könnte, ein Märchen ist sondern vielmehr Andersens literarische Verbeugung vor E.T.A. Hoffmann.

Mit dem Stück "Lederfresse" von Helmut Krausser wendete sich Flunderboll 1996 den jungen Autoren und dem zeitgenössischen Theater zu. Zwei Jahre nach der Uraufführung durch das Thalia-Theater in Hamburg erlebte das Stück des jungen Münchner Autoren seine hannoversche Erstaufführung.

Im selben Jahr wurde zur Adventszeit des Kindertheaterstück "Anderswo liegt Anderswo" von Friedhelm Kändler uraufgeführt und begeisterte durch die phantasievolle Geschichte kleine wie große Zuschauer. Hierfür wurde die Flunderbolltechnik erneut aufgestockt und erstmals Pyrotechnik für besondere Effekte eingesetzt. Mit diesem Stück präsentierte sich das Theater Flunderboll beim hannoverschen Kulturpreis für Freie Theater 1998, vergeben von Kulturamt in Zusammenarbeit mit der Expo 2000 und der Toto-Lotto-Stiftung.

1997 bearbeitete Flunderboll im Auftrage des SCHAUSPIEL Hannover eine Kollage im oben beschriebenen Flunderboll-Stil aus Texten von F.K. Waechter zu dessen 60. Geburtstag im Ballhof und Kändlers "Anderswo liegt Anderswo" entwickelte sich zum Volkswagen unter den Flunderboll-Produktionen. Es läuft und läuft und läuft. Immer mehr Schulen und Gruppierungen melden ihr Interesse an der Aufführung an.

Lange geprobt und 1998 endlich auf die Bühne gekommen ist das Stück "Laura und Lotte" von Peter Shaffer ("Amadeus", "Equus"), dass aufgrund Auslandsaufenthalts der einen Darstellerin und Schwangerschaft und Mutterschutz der anderen Darstellerin immer wieder verschoben werden musste. Dafür konnte bei der Premiere die neue technische Ausstattung des Gemeindesaales eingeweiht werden. Das Spinnennetz aus Stromleitungen zu den inzwischen fest installierten Scheinwerfern wurde durch die neuen Kabelschächte endlich für den Zuschauer unsichtbar. Gleichzeitig trat eine Video-Übertragungsanlage und die Aufrüstung der Tontechnik ihren Dienst an.

Mit der Produktion "Replay" (ebenfall 1998) des New Yorker Anwalt und Schriftstellers Andrew Vachss wurde zusätzlich zu dem ohnehin schon nicht einfachen Thema, es geht um Kindesmissbrauch, auch erstmals ein Themenabend unter dem Titel "Es ist unser Geheimnis..." in Zusammenarbeit mit verschiedenen Hilfsorganisationen in das Programm aufgenommen. So sind im Rahmen dieser Zusatzveranstaltung Hilfsgruppen wie z.B. Violetta und das Diakonische Werk, aber auch Anwälte zu Wort gekommen und haben den Transfer zwischen Bühnenstück und leider bitterer Realität geleistet. Dieses Stück wurde als Flunderbollbeitrag im November 1998 beim 2. hannoverischen Off-Theater-Treffen im Faust gezeigt und mit dem 2. Preis (einem Fausthandschuh in Silber) ausgezeichnet.

Für ein Straßenfest auf dem hannoverschen Stephansplatz am Pfingstwochenende 1999 schrieb Ensemblemitglied Bianka Krawetzke eine aberwitzig wirre Straßentheater-Diskussion. Somit erlebte Flunderboll seinen erstes Open Air-Spektakel.

Im September 1999 wurde Anderswo liegt Anderswo wieder aufgenommen, damit nicht dieses Stück nicht nur 1996, 1997 und 1998 gespielt wurde. Ein Gastspiel bei der Grundschule im Langen Feld in Laatzen, die die Grenzen und Besonderheiten der Beleuchtungstechnik aufzeigten, da die eigene Anlage nicht mit den dazugeliehenen Komponenten arbeiten wollte, vervollständigte die Aufführungs- und Erkenntnisserie.

Auf der Grundlage von "Lederfresse", dass eigentlich wiederaufgenommern werden sollte, entstand dann im November 1999 plötzlich ein neues Stück. Der Inhalt des Krausser Stücks wurde radikal, also komplett gestrichen und es blieb nur noch als Gerüst die Figurenkonstellation.
Die Geschichte der beiden Personen reizte zu einer neuen Arbeit. In den Proben entstand dabei ein völlig neues Stück "Mindestens haltbar bis Ende:" das noch mit diversen anderen Textzitaten von Helmut Krausser angereichert wurde. Erstmals wurde das Bühnenbild mit einem CAD-Programm entworfen und auf dieser Grundlage gebaut. Das Stück hatte Premiere bei den 3. hannoverischen Faustspielen und wurde mit dem Jury-Preis ausgezeichnet (diesmal ein Fausthandschuh in Gold). So geadelt konnte es beruhigt zu den weiteren Aufführungen gehen. Auch wenn sich bei der technischen Einrichtung die heimische Beleuchtungsanlage als zu klein herausstellte. Mit nur 12 Kanälen mußte mal wieder improvisiert werden. Den Aufführungen tat dies aber kein Abbruch, zum ersten mal konnten von Vorstellung zu Vorstellung nur steigende Zuschauerzahlen registriert werden. Das sonst übliche Loch bei der 2. Vorstellung ergab sich nicht.

Am 08.12.1999 erfolgte ein Auftritt auf Einladung Friedhelm Kändlers in Erwin Schütterles legendären Kanapee mit Auszügen aus "Anderswo" zusammen mit Matthias Wesslowski, Peter Düker, Holger Kirleis und Arnd Schwichtenberg. Aufgrund der räumlichen Besonderheiten (4 qm große Bühne, Publikum zu zwei Seiten) wurde es eine höchst experimentelle Veranstaltung.

Das lange vernachlässigte Weihnachtsprogramm erfuhr sich im Jahr 2000 ein Comeback. Und was für eines. Genau wie das Weihnachtsfest an sich, zauberte die "Einladung! zur Weihnachtszeit" ein Leuchten in die Augen von Groß und Klein.

Im Herbst 2001 kam es mit "Publizieren!" zu einer der bisher aufwendigsten Flunderboll-Inszenierung, in der das ganze Ensemble auf der Bühne, aber auch gleichzeitig dahinter im Einsatz war. Wieder einmal bewies sich die technische Ausstattung als zu gering, so dass ein paar neue Scheinwerfer ihren Dienst antreten mussten. Anschließend ging es fast übergangslos zur Wiederaufnahme der Einladung! zur Weihnachtsfeier über. Eine Veranstaltung die das Zeug zum Kult-Stück hat.

Die Flunderbollspielzeit 2002/2003 begann mit einem Gastspiel von zwei Berliner Schauspielern, die uns mit dem Stück "Der Tiger" von Murray Schisgal, dem Drehbuchautoren von "Tootsie" besuchten. Noch nie wurden Gäste bei Flunderboll so begeistert aufgenommen wie Damara und Matthias. Hoffentlich kommen die beiden noch öfter nach Hannover. Im November 2002 kam "Die arabischen Nacht" von Roland Schimmelpfennig auf die Bühne, beziehungsweise in den Saal, da für diese Produktion die Bühne als Projektionsfläche genutzt wurde und das Stück selbst mitten den Saal verlegt wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Frage "Wie gehen eigendlich die Fenster auf" geklärt. Und zu Weihnachten erlebte aufgrund gewaltiger Nachfrage von allen Seiten unsere Einladung! zur Weihnachtsfeier ihre Wiederaufnahme auch im dritten Jahr. Zum Abschluss wurde nach langer Pause und vielen Nachfragen Anderswo liegt Anderswo wieder ins Programm genommen (bzw. neu aufgelegt, denn zwei Umbesetzungen waren nötig geworden).

Für die erste "Lange Nacht der Kirchen" wurde das Theater Flunderboll gebeten, das ganze Haus zu planen und zu nutzen. Das klang nach eine großen Aufgabe, denn womit will man 6 Stunden lang die Besucher unterhalten, ohne sie dazu zu zwingen für die Dauer einer Aufführung an einem Ort zu bleiben? Unter dem Titel "ProjektZonen" haben wir uns bewusst für die Konzentration auf einen Raum entschieden und dieser wurde dann komplett mit Ausstellung, Aktivitätsbereichen und diversen Improvisationsszenen gefüllt. Die Besucher dankten es mit durchweg positiver Resonanz. So haben sie eine Kirche noch nie erlebt, und damit war unser Ziel, den Raum neu entstehen zu lassen erreicht.

Unter großem technischen und personellen Einsatz kam im November 2003 die irische (Tragi-)Komödie "Steine in den Taschen" von Marie Jones in der Übersetzung von Harry Rowohlt auf die Bühne. Bei Probenbeginn war noch keinem klar, was für ein Abenteuer uns da bevorstand... aber die Idee ein Stück über einen Film auch mit filmischen Mitteln zu erzählen war einfach zu verlockend! Nach drei Drehtagen im Herbst war dann alles im Kasten, aber die Nachbearbeitung bei gleichzeitigen Endproben erwiesen sich als ausgesprochen nervenzehrend.

Im Dezember gastierte die Schauspielerin Yvonne Werner-Mees mit einem Test des Programms "Besserwisser, Korinthenkacker und andere Monster" - eine Tragödie über's Rechthaben. Ein Abend ohne festes Programm irgendwo zwischen Stand-up Comedy und Performance. Eine Veranstaltung, bei der keiner wusste auf was man sich da einließ. Weder die Zuschauer (das wundert nicht so sehr), wir (naja, das kann passieren) noch die Schauspielerin (na sowas?!) ahnten, wohin der Abend laufen wird. Und weil nebenbei auch das Jahr sich dem Ende neigte, wurde die inzwischen zum Kultprogramm avancierte Einladung! zur Weihnachtsfeier auch in 2003 wieder auf die Bühne gebracht.

Im Frühjahr 2004 wurde dann ein Beitrag zur "skriptfabrik" des schauspielhannover erbracht, bei dem die besten 5 Minuten Stücke aus einem Wettbewerb ausgesucht und szenisch umgesetzt wurden. Ursprünglch sollten verschiedene hannoversche Theatergruppen für die Umsetzung sorgen, zum Schluss waren aber dann doch nur das Theater Flunderboll und die freestyle-Jugendclubs des Schauspielhauses beteiligt.

Für das erste Theaterfest im befreundeten Institut Balance wurde eine szenische Lesung mit dramatischen Kurzgeschichten beigesteuert und kurz vor der Sommerpause erfolgte dann auch noch die 20te Aufführung von Anderswo liegt Anderswo. Zum Herbst hatte dann das Stück "Pterodactylus" von Nicky Silver, in frisch renovierten Räumlichkeiten Premiere. Natürlich wurde auch hier wieder eine ganz besondere Herausforderung angenommen: die Flunderboll-Bühnenbauer Frank und Volker hatten die Aufgabe ein originalgetreues Tyrannosaurus-Skelett als Bausatz auf die Bühne zu bringen. Die Hauptaufgabe der Darsteller hingegen war, sich gegen das die Bühne beherschende Saurierskelett noch zu behaupten. Belohnt wurden diese Anstrengungen mit dem Jurypreis bei den FAUST-Spielen 2004. Um der Nachfrage gerecht zu werden, wurde die Produktion nach einer kurzen Pausen im Februar 2005 wieder ins Programm genommen.

Natürlich wurde auch das Jahr 2004 abgeschlossen mit dem Kultstück zu Weihnachten, bei dem diesmal auch ein Buffet für die Gruppen angeboten wurde, die ihre Betriebs-Weihnachtsfeier kurzerhand komplett ins Theater verlegt haben. Die Stimmung war festlich wie noch nie!

Wieder einmal wurden wir von der Frage überrascht "könnt ihr nicht mal bei dieser oder jenen Gelegenheit etwas machen?" - Gerne, aber was? Die meisten Produktionen sind doch eher abendfüllend und natürlich haben wir uns auch in den technischen Aufwand, den wir dazu betreiben verliebt. Wie soll eine solche Produktion mal kurz in einen fremden Raum verlegt werden und möglichst nicht länger als eine halbe Stunde dauern? Also wurde klar: Ein Stück muss her, dass a) mobil, b) technisch unaufwendig, c) zeitlich flexibel zwischen "Kurzprogramm" und "abendfüllend" liegt und d) auch noch unseren Ansprüchen entspricht. Die Dramaturgie schwärmte aus und wurde fündig bei einem alten Bekannten: F.K. Waechter bietet da genau das Richtige! So kamen im Sommer 2005 "Die drei Letzten" auf den (Spiel-)Plan und die Bühne. Als Kurzfassung zum 1. Südsterne-Festival, bei dem sich die hannoversche Südstadt als kulturreicher Stadtteil mit viel Theater, Kunst und Unterhaltung präsentierte, sowie in unser reguläres Programm zusammen mit der szenischen Lesung "tresenlesen", in dem die Dramaturgie alles verarbeitet hat, was mit einem philosophisch-geistreichen und soziologisch-gehaltvollen Abend an der Bar in Verbindung gebracht werden konnte.

Große Ereignisse werfen Ende 2005 ihre langen Schatten voraus. Auf jeden Fall bereitet sich Flunderboll mit einer Aufpolierung des Repertoirs (Wiederaufnahme der "arabischen Nacht" mit zwei Umbesetzungen) vor auf alles was da kommen mag, Und natürlich gab es auch im Dezember wieder die obligatorische "Einladung! zur Weihnachtsfeier" auch hier mit einer Umbesetzung, da unsere langjährige Sängerin den Termin bereits langfristig verplant hatte und nun statt auf der Bühne zu stehen, doch lieber ihren Entbindungstermin wahrnahm. So bekam ein neues Ensemble-Mitglied die Chance die Flunderboll-Bühne zu betreten und mit ihrer hervorragenden Qualifikation ("Aber ich doch gar nicht singen!?") den kompletten musikalischen Teil zu bestreiten.

Nebenbei und im Hintergrund hieß es: Packen! Denn nach 18 Jahren gemütlicher Koexistenz bat uns unser "Hausherr" die Athanasiusgemeinde doch etwas Platz zu schaffen und den hoffnungslos unterdimensionierten oder einfach nur gnadenlos überfüllten Fundus auszulagern, die Bühne weitestgehend freizugeben und die festen Probenzeiten aufzugeben. Für Flunderboll ergaben sich daraus nur zwei Möglichkeiten: entweder aufhören, alles auflösen und verabschieden oder weitermachen, jetzt erst recht. Wir entschieden uns für's weitermachen und für's jetzt erst recht. Neue Räumlichkeiten wurden gefunden und angemietet, Umbaupläne geschmiedet und die Verlagerung des Fundus, des Lagers und alles was man sonst noch braucht, musste erfolgen. Statt proben hieß es jetzt erst einmal Pläne machen, Anträge stellen, hämmern, schrauben, sägen... Aber Flunderboll wäre nicht Flunderboll, wenn man sich nicht auch dieser Aufgabe stellen würde.

Am 22. April 2006 - nach nur gut 3 Monaten intensiver Umbauarbeit - wurde das neue Haus, die hinterbuehne, eröffnet und mit vielen Gästen vor und auf der Bühne ausgiebig gefeiert.

Damit alle im neuen Haus auch richtig warm wurden ging es gleich mit einer Reihe Wiederaufnahmen ans intensive testen der Möglichkeiten auf und hinter der Bühne sowie einen Belastungstest an die Technik. Mit dem Pterodactylus und den drei Letzten wurde die neue Spielstätte intensiv ausprobiert. Sie funktioniert. Na also!

Für die erste komplette Spielzeit wurden dann (um erst einmal eine Überbrückung der Probenphase vornehmen zu können) viele spannende Gäste verpflichtet, die uns mit spannendsten Herausforderungen an die Technik (Was braucht ihr??! Ach, hatten wir das nicht gesagt? Nein, bisher noch nicht...! Oh.) spektakuläre Erfahrungen im Umgang mit der Lichtsteurerung und der Soundanlage sammeln ließen. Diese kamen dann natürlich der alljährlich anstehenden Weihnachtsfeier zu gute. Und vor allem der ersten Neuproduktion, L'italiano per principianti. Dort wurden nicht nur exzessiv Licht-, Video- und Bühneneffekte verwendet, nein, das Ensemble bekam sogar noch eine Italienisch-Sprachkurs aufgedrückt und natürlich mußten Fotos von den Orginalschauplätzen her, was eine intensive Reisetätigkeit beinhaltete. Während der Proben wurde uns schnell wieder klar, wo das Problem bei großen Besetzungen war: Alle Leute zusammen zu bekommen ist ein nahezu aussichtsloses Unterfangen. Und weil Aussichtslosigkeit so eine schicke Herausforderung ist, werden künftig Stücke mit mindestens 35 Rollen bevorzugt gelesen. Auf diese Weise kann man immer wieder neue Leute kennenlernen, denn in der Endprobenphase steht man dann plötzlich vor der großen Frage: Wenn alle auf der Bühnen stehen, wer kümmert sich dann eigentlich um Technik, Einlass, Bar...?

Diesem Problem kann man mit übersichtlichen Besetzungsgrößen komplett entgehen, also wurde kurzerhand eine weitere Produktion auf die Bühne gebracht. Und da in dem Stück "Zwei Brüder", das immerhin 3 Rollen hat, ein junges Team gebraucht wurde, erlebte das Ensemble nicht nur eine Verjüngung, sondern vor allem auch schon wieder eine tolle Verstärkung. Und wenn schon einmal ein junges Team zusammen ist, kann das auch wieder mal beim alljährlichen Jugendtheatertreffen im Ballhof angemeldet werden. Und siehe da: nach 17 Jahren wurde Flunderboll mal wieder eingeladen und konnte passend zum 30jährigen Jubiläum von jugendspieltfürjugend die inzwischen 4te Produktion aus 20 Jahren Flunderboll zeigen.

Zwischendurch wurde auch noch mal schnell eine neue Herausforderung gesucht und als solche hatten wir die Lange Nacht der Theater in Hannover auserkoren. Zusammen mit dem theater am barg wurden 6 Aufführungen an einem Abend über die (hinter-)Bühne gebracht und es bewieß sich, dass die gesammelten Erfahrungen mit Publikumsstömen umzugehen ausreichend praxistauglich sind und Flunderboll ein guter Gastgeber für Großveranstaltungen sein kann.

Und da Herausforderungen und ja auch immerwieder Spaß machen und dem Publikum eine Abwechslung bieten, wurde im Mai 2008 kurzerhand das ganze Haus zur Bühne. Für das Stück "Terrorismus" von dem russischen Autorenduo Oleg und Wladimir Presnjakow wurden alle sechs Szenen an verschiedenen Orten gespielt. Da einige Räume so klein waren, dass nicht das ganze Publikum hereinpasste, wurden verschiedene Gruppen durch die gleichzeitig laufenden Szenen geführt. So kam es, dass Gruppe Rot eine ganz andere Reihenfolge als Gruppe Grün sah und Gruppe Gelb wieder etwas anderes, aber irgendwann hatten alle alles gesehen und die Darsteller mussten nicht immer wieder von vorne anfangen. Viele von uns hätten selber nicht geglaubt, dass das funktionieren kann. Hat es aber.

Um sich von dieser logistischen und personalintensiven Herausforderung zu erholen wurden die Spielzeit 2008/2009 erst einmal zwei ganz normale Produktionen angesetzt, die parallel geprobt wurden und in kurzem zeitlichen Abstand Premiere hatten. In "Kommt ein Mann zur Welt" durften sich zwar acht Darsteller rund 30 Rollen teilen, aber so kam immerhin auch mal der ganze Kostümfundus zum Einsatz und an jeder möglichen und unmöglichen Ecke wurden Kostüme und Requisiten gelagert. Mit welcher Selbstverständlichkeit auf solche Anforderungen eingegangen wird, bewies sich auch beim folgenden "Legoland". Als der Regisseur sich eine schräge Rampe und eine weitere wünschte, am besten auch noch so ein Schaukelvieh und einen Spielplatz, nickte der Bühnenbildner nur kurz, fing an zu zeichnen, zu bauen und voilà: schon standen zwei gegeinander schrägverlaufenden Rampen auf der Bühne, die sich auch noch schiebbar machen ließen, nebst einem perfekten Nachbau eines typischen Schaukeltiers, wie man es von den Standard-Spielplätzen quer durch die Republik kennt. Für diese beiden Produktionen wurde das Ensemble kräftig aufgestockt und hat eine lebhafte Verjüngung erfahren. Damit dürfte auch eine wichtige Voraussetzung für alle anstehenden Projekte erfüllt worden sein.

Inzwischen sind über 200 Aufführungen über die Bühne gegangen, mehr als 12.500 Besucher wurden gezählt - und dabei sind nur die Eigenproduktionen berücksichtigt. Das Theater Flunderboll scheint sich somit einen festen Platz in der hannoverschen Kulturlandschaft erspielt zu haben ... und darauf sind wir auch ein ganz kleines bißchen Stolz.

Was die Zukunft erbringt? Es wird auch weiterhin der Lappen hoch- und das Licht angehen.

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